Foto: Ursula Kelly. |
Ab 19. Juni kann man sich ein Gefühl von Livemusik mit Brendans neuem Album THIS THING ins Wohnzimmer holen. Dieses enthält neben seinen selbst geschriebenen Songs auch drei Klassiker der Musikgeschichte. Im Interview erzählt Brendan unter anderem, warum seine Auswahl gerade auf diese Klassiker fiel, wie seine ersten Erfahrungen mit dem deutschen Publikum aussahen und welchen Ratschlag er für Nachwuchsmusiker parat hat.
Du hast sowohl als Straßenmusiker gespielt als auch auf einer Bühne vor Publikum. Was liegt dir mehr?
Musik auf der Straße zu spielen macht man entweder, wenn es keine bessere Alternative gibt oder wenn man sich dem Druck im Showbusiness nicht mehr aussetzen möchte. Dafür hat ein Straßenmusiker mit anderen Problemen zu kämpfen. Nur haben wenige dieser Probleme mit Musik zu tun.
Hast du jemals in einer Band gespielt oder warst du schon immer lieber Solo-Musiker?
Zu Beginn meiner musikalischen Karriere habe ich immer in Bands gespielt. Eine unserer Singles wurde sogar "Single of the Week" in der Musikzeitschrift NME, im Jahr... 1927, glaube ich.
Gibt es Songs, die du so oft gespielt hast, dass du sie mittlerweile nicht mehr spielen möchtest?
Eigentlich nicht. Meine Darbietung ist normalerweise sehr spontan. Jedes Mal ein bisschen anders. Ein Lied ist für mich eine Matrix, in deren Rahmen man, abhängig vom jeweiligen Energiefluss, gut experimentieren kann.
Welchen Hobbys gehst du nach, wenn du nicht gerade mit dem Musikmachen beschäftigt bist?
Ich erstelle gerade eine einfache Webseite für mein eigenes Label Trigo Records. Das ist ein Test. Vorausgesetzt es entstehen nicht zu viele Probleme, werde ich meine persönliche Seite auch neu einrichten. Wenn ich nicht gerade an der Webseite arbeite, müssen Termine organisiert oder die Buchhaltung erledigt werden. Viel Zeit für Hobbys habe ich nicht. Ich mache gerne Sport. Heute war ich im Hyde Park Laufen.
Du bist als Musiker ständig unterwegs. Wie vereinbarst du das mit deinem Privatleben?
Mein Privatleben kommt mit!
Auf deiner Homepage gibt es eine unterhaltsame Anekdote über dein norwegisches Publikum zu lesen. Was sind die typischen Eigenheiten deines deutschen Publikums?
Meine ersten Erfahrungen waren folgende: Sie beschweren sich nicht über das Wetter, sondern ziehen sich einfach passend an. Sie setzen sich hin und hören zu, selbst wenn der andere Teil des Publikums nicht so höflich ist. Sie sind diszipliniert und interessiert. Die Frauen sind kommunikativ und haben etwas zu kommunizieren. Das liegt teilweise an ihrem Selbstbewusstsein. Die Männer reden weniger und überlassen das Englischsprechen ihren Frauen. Als Publikum sind sie solide und loyal.
Diese ersten Erfahrungen mit Deutschen habe ich im Ausland gemacht, noch bevor ich zum ersten Mal nach Deutschland gefahren bin. Ich habe die Fahrt nach Deutschland nie bedauert!
Gibt es ein Land, in dem du bisher noch nie aufgetreten bist, aber gerne auftreten würdest?
Ich bin in den meisten Ländern noch nicht aufgetreten. Es gibt mehr Lieder, die ich nicht kenne, als Lieder, die ich kenne. Wenn Gott es erlaubt, würde ich gerne noch mehr Songs lernen und viel mehr von der Welt erleben.
Am 19. Juni 2015 erscheint dein Album This Thing im deutschsprachigen Raum. Neben deinen eigenen Songs interpretierst du auf dem Album ein irisches Volkslied und jeweils einen Klassiker von Curtis Jones und Sam & Dave. Warum gerade diese Songs?
Highway 51 Blues habe ich gelernt, als ich noch sehr jung war. Ich kenne es vom ersten Bob-Dylan-Album und habe das Lied so oft gesungen, dass sich meine eigene Version praktisch von selbst entwickelt hat. Da steckt ein bisschen von mir drin, und soweit ich weiß, singt kein Anderer Highway 51 Blues so wie ich. Übrigens, wenn man sich mit dem Song näher beschäftigt, erkennt man, wie er sich entwickelt hat, vom Schreiber über Arrangement zu Arrangement von Interpretation zu Interpretation usw. Also vielen Dank an Curtis Jones, Tommy McClennan und natürlich Bob Dylan.
Bei When Something Is Wrong With My Baby habe ich nicht so viel geändert. Das ist mehr eine Frage des Respekts vor dem Lied und immer ein starkes Gefühl, wenn ich dieses Lied live singe. Ich wollte es ohne diese typischen Blas-Instrumente präsentieren und nur so, wie es mein Ding ist: mit Gitarre und Drums. Das Gitarren-Solo habe ich übrigens verkackt aber es war zu 99 Prozent eine Liveaufnahme und es musste so bleiben, wie es ist. Jetzt finde ich diesen "Fehler" genial!
She Moved Through The Fair ist relativ neu für mich. Ähnlich wie bei Highway 51 Blues habe ich es geschafft, meine eigene Version zu entwickeln, mit dem Unterschied, dass es in diesem Fall sehr schnell ging. Das anschließende Problem war, die Musik so zu spielen, dass sie funktionieren würde. Vincent Brisach, der auf dem Album die Drums spielt, und ich haben gemeinsam dafür gekämpft und am Ende des Aufnahme-Tags konnten wir das Lied mit nach Hause nehmen. Wir haben mehrere Jahre zusammengespielt, mittlerweile nicht mehr, da er ein anderes Leben führt. Ich freue mich, dass dieses Ergebnis – damit meine ich das ganze Album – wie ein Denkmal für unsere Zusammenarbeit steht. Es ist eine Art Geschenk von uns an uns.
Das Lied Rusty Love wurde von dir 1980 schon einmal veröffentlicht. Gibt es einen Unterschied zwischen der Version von 1980 und der heutigen?
Auf jeden Fall. Jeder sollte beides kaufen! Obwohl das Original nur noch über Sammler usw. als 7“ Vinyl erhältlich ist.
Und was ist der musikalische Unterschied?
Oh, der? Zum Ersten ein stark veränderter Text. Die erste Version handelte von einem jungen Mann, der gedacht hat, eine zerbrochene Liebe wäre irgendwie romantisch. Jetzt haben wir eine ähnliche Geschichte erzählt von einem Mann im mittleren Alter. Mehr bittere Ironie, dafür weniger Übertreibung.
Zum Zweiten ist die aktuelle Version witziger, leichter und einen Tick eloquenter.
Zum Dritten hört man jetzt, statt einer ganzen Band mit bombastisch übereinandergelegten Stimmen, eine einzelne Gesangsspur, wie eine Stimme in der Wüste.
Welchen Ratschlag hast du für Nachwuchsmusiker, die einen ähnlichen Weg wie du einschlagen möchten?
Wieso trittst du in meine Fußstapfen? Hör mal, oft hört man ältere Menschen sagen: "Wenn ich noch einmal jung wäre, würde ich alles genauso machen. Ich würde nichts ändern."
Unsinn! Worin liegt der Sinn der Vergangenheit, wenn wir nichts aus ihr lernen? Ich würde fast alles anders machen und vor allem besser! Mein Freund, du hast keine Zeit zu vergeuden oder mich zu kopieren. Wenn du dir etwas vorgenommen hast, tu es!
OK, ich weiß, du hast die Frage nicht ganz so gemeint. Ich wollte es einfach sagen!
Vielen Dank für das Interview!
Danke dir, Olivia. Hat Spaß gemacht!
Homepage von Brendan Kidulis: www.brendankidulis.com. ______________________________________________________________________________________